Biofabrique Vienna – Design aus Wiener Abfällen
September 24, 2024|Karin Bellmann
In einer Welt, die zunehmend auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft setzt, zeigt die Biofabrique Vienna, wie ungenutzte Ressourcen in neue Materialien verwandelt werden können. Ob übriggebliebene Backwaren, Algen aus der Donau, Aushub vom U-Bahn-Ausbau oder Holzwolle – all diese Materialien, die sonst ungenutzt blieben, erhalten hier ein neues Leben.
Mit der Klima Biennale im Frühsommer 2024 nahm das großangelegte Pilotprojekt Biofabrique Vienna erstmalig in Wien den Betrieb auf. 100 Tage lang wurden aus der ganzen Stadt Materialien angeliefert, die sonst entsorgt werden müssten. In der ersten Biofabrique Vienna wurde damit geforscht und experimentiert, um neue Werkstoffe für Ziegel, Paneele oder Verputze herzustellen.
Die Biofabrique Kantine – ein vom Studio dreiSt. gestaltetes Raumsystem – ist das erste Designprojekt, das mit den neuen Materialien entworfen und gebaut wurde und auf der Vienna Design Week 2024 zu sehen ist.
In Wien arbeitete die Industrie eng mit Wissenschaft und Kreativwirtschaft zusammen. Als Executive Partner der Biofabrique Vienna wurde das Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien im Rahmen von drei Lehrveranstaltungen mit 60 Studierenden an Bord geholt.
„Eigene Ideen gleich an den Materialien auszuprobieren, ist etwas ganz anderes, als theoretisch über nachhaltige Baustoffe zu diskutieren. Wir waren vor Ort und konnten alles direkt ausprobieren.“
Julia Cäsar
Studierende an der TU Wien
Neben klassischen Ausgangsstoffen wie Holz, Textilien und Lebensmitteln wurden auch selten genutzte Ressourcen verarbeitet. Nach ersten Tests entstanden vielversprechende Materialrezepturen, die in Kleinserien produziert und getestet wurden. Bereits nach einem Monat wurde der erste Biofabrique Vienna Ziegel präsentiert – hergestellt aus Aushub vom U2/U5-Ausbau, also dem beim Tunnelbau entfernten Erdmaterial, und Biertreber, einem Nebenprodukt der Bierherstellung.
Vienna Design Week – Studio dreiSt. gestaltet den Gastronomie-Bereich
Nach 100 Tagen intensiver Arbeit standen dem Studio dreiSt. insgesamt 20 verschiedene Materialkombinationen zur Verfügung, die aus ungenutzten Wiener Ressourcen entwickelt wurden. Die drei Designer*innen Martin Kohlbauer, Luisa Zwetkow und Sophie Coqui gewannen eine gemeinsame Challenge der Vienna Design Week und der Wirtschaftsagentur Wien. Ihre Aufgabe: den Aufenthalts- und Kaffeehausbereich der Festivalzentrale mit den neuen Werkstoffen aus der Biofabrique Vienna zu gestalten.
Das Ergebnis ist die Biofabrique Kantine, ein flexibles, modulares Raumsystem, das als modernes Kaffeehaus dient. Die Sitzgelegenheiten und Tische sind so gestaltet, dass sie sich vielfältig nutzen lassen – ob als gemütliche Lounge oder klassisches Café-Setting, in hoher oder niedriger Ausführung. Hier wird die typische Wiener Kaffeehausatmosphäre geschaffen: ein Ort zum Verweilen, Diskutieren oder einfach für eine kurze Auszeit – natürlich begleitet von guten Getränken und kleinen Stärkungen.
Die Biofabrique Vienna ist ein Pilotprojekt der Wirtschaftsagentur Wien und Atelier LUMA, einem Programm von LUMA Arles, in Partnerschaft mit dem Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien. Weitere Partner sind Bäckerei Ströck, Wienerberger AG und Wiener Linien.